Hallo zusammen, bei unserem Sohn (4) wurde am 25.06.2020 Zöliakie diagnostiziert. Ein paar Tage vor der Diagnose haben wir mit der glutenfreien Ernährung begonnen. Jetzt kommt es leider immernoch immer wieder vor, dass er Durchfall hat. Durchschnittlich 1-2 Tage pro Woche würde ich schätzen und meist nach dem Wochenende, wenn es mehr Kuchen oder Süßes gab. Kann es sein, dass sein Darm noch nicht regeneriert ist und er Fett oder Zucker noch nicht so gut verträgt? Hatte meistens gelesen, dass bei Kindern die Symptome sehr schnell nach der Umstellung auf glutenfrei verschwinden. Liegt das nach über 2 Monaten noch im "normalen" Bereich oder wie lange hat es bei euren Kindern gedauert, bis die Symptome ganz verschwunden sind?
Viele Grüße,
Jana
Über 2 Monate nach Ernährungsumstellung immer wieder Durchfall
Re: Über 2 Monate nach Ernährungsumstellung immer wieder Durchfall
Hallo Jana,
dass ein Kind nach zwei Monaten mit glutenfreier Ernährung immer noch so häufig Durchfall hat, ist nicht normal, sondern eine Aufforderung, die glutenfreie Ernährung in verschiedener Hinsicht auf den Prüfstand zu nehmen. Nicht alles, was als "glutenfrei" ausgezeichnet ist, ist automatisch in jedem Fall für eine Ernährung bei Zöliakie geeignet!
Gerade die glutenfreien Spezialprodukte, die einem Neudiagnostizierten von allen Seiten präsentiert werden, sind teilweise alles andere als gesund sondern arm an Mikronährstoffen, dafür aber reich an einer ungünstigen Kombination aus "leeren" Kohlehydraten und Fett.
Darüber hinaus ist das glutenfrei-Zeichen auf Produkten, die sog. glutenfreie Weizenstärke enthalten. Abgesehen davon dass die Labortests, die die Glutenfreiheit dieser Zutat nachweisen sollen, überwiegend unzureichend und fehleranfällig sind, gibt es viele Zöliakiebetroffene, die Produkte mit dieser gf Weizenstärke absolut nicht vertragen. Ich selbst gehöre dazu.
Ebenso ist das glutenfrei-Zeichenauch auf Produkten mit Hafer, angeblich sicher glutenfreiem Hafer. Das bedeutet aber nur, dass dieser Hafer frei von übermäßiger Kontamination mit Weizengluten ist. Doch abhängig von der Hafersorte kann auch der eigene Eiweißanteil von Hafer die zöliakietypischen Reaktionen auslösen. Welche Hafersorte verwendet wurde, habe ich aber noch niemals deklariert gefunden. Und einen Test auf diese zöliakieaktiven Bestandteile im Avenin gibt es nicht. Also zumindest nicht außerhalb von speziellen Studien.
Es gibt in den letzten Jahren unzählige Veröffentlichungen, in denen behauptet wird, dass Zöliakiebetroffene diese Haferprodukte vertragen. Dabei ist mir allerdings noch keine einzige Studie untergekommen, bei der nicht nur Antikörper getestet wurden (die bekanntlich viel träger reagieren, als die Schleimhaut), sondern auch Biopsien mit exakter Messung der zöliakiespezifischen Veränderungen. Aber vor einigen Jahren habe ich mal eine Studie aus Skandinavien gefunden, in der die langfristigen Verläufe der Schleimhautregeneration bei Zöliakiebetroffenen untersucht wurden. Dabei gab es viele Fälle, in denen die Darmschleimhaut nach Jahren immer noch nicht "gesund" war - und als einziger Unterschied zu denjenigen mit spurlos ausgeheilter Schleimhaut konnte da der Verzehr von Hafer dingfest gemacht werden. Unterschiede bei den Antikörpern gab es allerdings nicht auf. Somit ist die Argumentation, dass der Verzehr von Hafer nicht zur Erhöhung zöliakiespezifischer Antikörper führt, völlig ohne Aussagekraft darüber, was an der Darmschleimhaut wirklich passiert.
Glutenfreie Produkte mit Hafer werden massiv beworben und aus manchen Regalen verschwinden Produkte ohne Hafer und werden durch solche mit Hafer ersetzt. So auch die gf Kekse bei Al di.
Aber wo sind die Hinweise, dass Neudiagnostizierte auf jeden Fall bis zum Abklingen aller Symptome auf Hafer verzichten sollen,
wo die Hinweise auf eine Mengenbegrenzung auch bei Beschwerdefreiheit,
wo die Hinweise auf vermehrte Kontrolluntersuchungen?
Jetzt habe ich Dich zugetextet mit Grundsatzproblemen, die Dir und Deinem Sohn wahrscheinlich erst mal gar nicht wirklich helfen. Aber mir ist es wichtig, diese Dinge einfach mal an einem konkreten Fall "aufzuhängen".
Was Deinen Sohn betrifft, so empfehle ich Dir, so weit wie möglich auf die zu oft trügerischen glutenfreien Spezialprodukte zu verzichten und stattdessen natürlicherweise glutenfreie Lebensmittel zu bevorzugen. Die dürften auf jeden Fall insgesamt sehr viel gesünder sein, als alles, was sich im Diätregal findet. Aus Kartoffeln, z.B. kann man soooo viel verschiedene Dinge machen und schlägt damit bei den Mikronährstoffen jedes gf Diätprodukt um Längen!
Da Zöliakie oft nicht allein kommt, sondern häufig auch Unverträglichkeiten bestimmter Zuckerarten mit sich bringen kann. will ich hier auch darauf noch hinweisen. Eine Fruchtzuckerunverträglichkeit wäre z.B. durchaus denkbar. Die muss sich nicht auswirken, wenn man begrenzte Mengen Obst isst, aber kann zu Durchfällen führen, wenn man etwas zu sich nimmt, wo Fruchtzucker zugesetzt ist. Oder Sorbit.
All das bedeutet, dass die Zutatenliste aller Lebensmittel genau gelesen werden müssen, um abschätzen zu können, was da überhaupt alles auf den Tisch kommt (oder auch nicht).
Zudem wäre es ratsam, für ein paar Wochen ein ausführliches Ernährungstagebuch zu führen. Das erscheint zunächst mühsam, aber wenn man sich mal darauf eingelassen hat, ist das gar nicht so aufwändig. Vielleicht lässt sich schon anhand des Tagebuchs nach kurzer Zeit erkennen, was an der Ernährung vielleicht noch nicht so recht passt.
Zur Fruktoseunverträglichkeit wird sich sicherlich DieL noch melden, deren Tochter ja arg darunter gelitten hat.
Du stehst vor einer Herausforderung, die wahrscheinlich größer ist, als Dir bisher klar war. Nimm sie an, es lohnt sich.
Monika
dass ein Kind nach zwei Monaten mit glutenfreier Ernährung immer noch so häufig Durchfall hat, ist nicht normal, sondern eine Aufforderung, die glutenfreie Ernährung in verschiedener Hinsicht auf den Prüfstand zu nehmen. Nicht alles, was als "glutenfrei" ausgezeichnet ist, ist automatisch in jedem Fall für eine Ernährung bei Zöliakie geeignet!
Gerade die glutenfreien Spezialprodukte, die einem Neudiagnostizierten von allen Seiten präsentiert werden, sind teilweise alles andere als gesund sondern arm an Mikronährstoffen, dafür aber reich an einer ungünstigen Kombination aus "leeren" Kohlehydraten und Fett.
Darüber hinaus ist das glutenfrei-Zeichen auf Produkten, die sog. glutenfreie Weizenstärke enthalten. Abgesehen davon dass die Labortests, die die Glutenfreiheit dieser Zutat nachweisen sollen, überwiegend unzureichend und fehleranfällig sind, gibt es viele Zöliakiebetroffene, die Produkte mit dieser gf Weizenstärke absolut nicht vertragen. Ich selbst gehöre dazu.
Ebenso ist das glutenfrei-Zeichenauch auf Produkten mit Hafer, angeblich sicher glutenfreiem Hafer. Das bedeutet aber nur, dass dieser Hafer frei von übermäßiger Kontamination mit Weizengluten ist. Doch abhängig von der Hafersorte kann auch der eigene Eiweißanteil von Hafer die zöliakietypischen Reaktionen auslösen. Welche Hafersorte verwendet wurde, habe ich aber noch niemals deklariert gefunden. Und einen Test auf diese zöliakieaktiven Bestandteile im Avenin gibt es nicht. Also zumindest nicht außerhalb von speziellen Studien.
Es gibt in den letzten Jahren unzählige Veröffentlichungen, in denen behauptet wird, dass Zöliakiebetroffene diese Haferprodukte vertragen. Dabei ist mir allerdings noch keine einzige Studie untergekommen, bei der nicht nur Antikörper getestet wurden (die bekanntlich viel träger reagieren, als die Schleimhaut), sondern auch Biopsien mit exakter Messung der zöliakiespezifischen Veränderungen. Aber vor einigen Jahren habe ich mal eine Studie aus Skandinavien gefunden, in der die langfristigen Verläufe der Schleimhautregeneration bei Zöliakiebetroffenen untersucht wurden. Dabei gab es viele Fälle, in denen die Darmschleimhaut nach Jahren immer noch nicht "gesund" war - und als einziger Unterschied zu denjenigen mit spurlos ausgeheilter Schleimhaut konnte da der Verzehr von Hafer dingfest gemacht werden. Unterschiede bei den Antikörpern gab es allerdings nicht auf. Somit ist die Argumentation, dass der Verzehr von Hafer nicht zur Erhöhung zöliakiespezifischer Antikörper führt, völlig ohne Aussagekraft darüber, was an der Darmschleimhaut wirklich passiert.
Glutenfreie Produkte mit Hafer werden massiv beworben und aus manchen Regalen verschwinden Produkte ohne Hafer und werden durch solche mit Hafer ersetzt. So auch die gf Kekse bei Al di.
Aber wo sind die Hinweise, dass Neudiagnostizierte auf jeden Fall bis zum Abklingen aller Symptome auf Hafer verzichten sollen,
wo die Hinweise auf eine Mengenbegrenzung auch bei Beschwerdefreiheit,
wo die Hinweise auf vermehrte Kontrolluntersuchungen?
Jetzt habe ich Dich zugetextet mit Grundsatzproblemen, die Dir und Deinem Sohn wahrscheinlich erst mal gar nicht wirklich helfen. Aber mir ist es wichtig, diese Dinge einfach mal an einem konkreten Fall "aufzuhängen".
Was Deinen Sohn betrifft, so empfehle ich Dir, so weit wie möglich auf die zu oft trügerischen glutenfreien Spezialprodukte zu verzichten und stattdessen natürlicherweise glutenfreie Lebensmittel zu bevorzugen. Die dürften auf jeden Fall insgesamt sehr viel gesünder sein, als alles, was sich im Diätregal findet. Aus Kartoffeln, z.B. kann man soooo viel verschiedene Dinge machen und schlägt damit bei den Mikronährstoffen jedes gf Diätprodukt um Längen!
Da Zöliakie oft nicht allein kommt, sondern häufig auch Unverträglichkeiten bestimmter Zuckerarten mit sich bringen kann. will ich hier auch darauf noch hinweisen. Eine Fruchtzuckerunverträglichkeit wäre z.B. durchaus denkbar. Die muss sich nicht auswirken, wenn man begrenzte Mengen Obst isst, aber kann zu Durchfällen führen, wenn man etwas zu sich nimmt, wo Fruchtzucker zugesetzt ist. Oder Sorbit.
All das bedeutet, dass die Zutatenliste aller Lebensmittel genau gelesen werden müssen, um abschätzen zu können, was da überhaupt alles auf den Tisch kommt (oder auch nicht).
Zudem wäre es ratsam, für ein paar Wochen ein ausführliches Ernährungstagebuch zu führen. Das erscheint zunächst mühsam, aber wenn man sich mal darauf eingelassen hat, ist das gar nicht so aufwändig. Vielleicht lässt sich schon anhand des Tagebuchs nach kurzer Zeit erkennen, was an der Ernährung vielleicht noch nicht so recht passt.
Zur Fruktoseunverträglichkeit wird sich sicherlich DieL noch melden, deren Tochter ja arg darunter gelitten hat.
Du stehst vor einer Herausforderung, die wahrscheinlich größer ist, als Dir bisher klar war. Nimm sie an, es lohnt sich.
Monika
Re: Über 2 Monate nach Ernährungsumstellung immer wieder Durchfall
Hallo Jana!
Diese Mehrfach-Unverträglichkeiten sind mir sofort in den Kopf geschossen. Bei meiner Tochter waren es erst Laktose, dann Fruktose und dann zum Schluss die Zöliakie, die diagnostiziert wurden.
Wie Moni auch schon schreibt, würde ich auch zu einem Ernährungstagebuch raten. So kann man der Sache vielleicht eher auf die Spur kommen.
Diese Mehrfach-Unverträglichkeiten sind mir sofort in den Kopf geschossen. Bei meiner Tochter waren es erst Laktose, dann Fruktose und dann zum Schluss die Zöliakie, die diagnostiziert wurden.
Wie Moni auch schon schreibt, würde ich auch zu einem Ernährungstagebuch raten. So kann man der Sache vielleicht eher auf die Spur kommen.
Re: Über 2 Monate nach Ernährungsumstellung immer wieder Durchfall
Hallo Jana,
Du hast ja von Moni130 schon eine sehr ausführliche Antwort erhalten.
Vielleicht habe ich ja etwas überlesen?
Die erste Frage, die ich mir - bei der von Dir geschildertem Verlauf bei Deinem Sohn Louis - stellen würde ist,
ob die Diagnose "Zöliakie" korrekt ist bzw. wie und von wem diese Diagnose gestellt wurde.
Möchtest Du dies mitteilen ?
Viele Grüße
Menno
Du hast ja von Moni130 schon eine sehr ausführliche Antwort erhalten.
Vielleicht habe ich ja etwas überlesen?
Die erste Frage, die ich mir - bei der von Dir geschildertem Verlauf bei Deinem Sohn Louis - stellen würde ist,
ob die Diagnose "Zöliakie" korrekt ist bzw. wie und von wem diese Diagnose gestellt wurde.
Möchtest Du dies mitteilen ?
Viele Grüße
Menno
Re: Über 2 Monate nach Ernährungsumstellung immer wieder Durchfall
Danke für eure Antworten! Die Diagnose wurde durch unseren Kinderarzt gestellt nachdem unser Sohn über Wochen wässrigen Durchfall, viel Luft im Bauch und seit Monaten immer wieder Bauchschmerzen hatte. Eine Biopsie wurde nicht gemacht. Es wurden 2 Bluttests durchgeführt mit ca. zwei Wochen Abstand und beide Male waren die Werte so hoch, dass diese Tests laut unserem Kinderarzt nach den neuen Bestimmungen für eine Diagnose ausreichend wären.
Gruß,
Jana
Gruß,
Jana
Re: Über 2 Monate nach Ernährungsumstellung immer wieder Durchfall
Moin Jana,
wie geht es Deinem Kind inzwischen?
So, wie Du es schilderst, würde ich auch zunächst an gf Weizenstärke und gf Hafer denken (-> bitte aus der Ernährung streichen) oder an Kontaminationen. Habt Ihr noch einen gemischten Haushalt? Wenn alle Mahlzeiten gemeinsam zubereitet und eingenommen werden, kann viel passieren.
Das knackige Frühstücksbrötchen, am Tisch aufgeschnitten, nur leider nicht unterhalb, sondern oberhalb der Tischplatte macht einen "wunderbaren" Glutenregen im Umkreis von mindestens 2 Metern.
Beim parallelen Kochen von gf und gh Nudeln spratzelt das Kochwasser, obwohl man äußerst pingelig auf getrennte Kochlöffel und Siebe geachtet hat... Es gibt tausende solcher Fallen.
wie geht es Deinem Kind inzwischen?
So, wie Du es schilderst, würde ich auch zunächst an gf Weizenstärke und gf Hafer denken (-> bitte aus der Ernährung streichen) oder an Kontaminationen. Habt Ihr noch einen gemischten Haushalt? Wenn alle Mahlzeiten gemeinsam zubereitet und eingenommen werden, kann viel passieren.
Das knackige Frühstücksbrötchen, am Tisch aufgeschnitten, nur leider nicht unterhalb, sondern oberhalb der Tischplatte macht einen "wunderbaren" Glutenregen im Umkreis von mindestens 2 Metern.
Beim parallelen Kochen von gf und gh Nudeln spratzelt das Kochwasser, obwohl man äußerst pingelig auf getrennte Kochlöffel und Siebe geachtet hat... Es gibt tausende solcher Fallen.